Deutscher Bundestag Drucksache 20/2573
20. Wahlperiode 05.07.2022
Gesetzentwurf
der Fraktionen SPD, BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN und FDP
Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und
insbesondere vulnerabler Personengruppen vor COVID-19
A. Problem und Ziel
Durch die Subtypen der Variante Omikron des Coronavirus SARS-CoV-2 BA.4
und BA.5 verursacht werden derzeit wieder erhöhte Infektionszahlen in der Bun-
desrepublik Deutschland festgestellt. Das Auftreten von Varianten mit neuartigen
Erreger- bzw. Immunfluchteigenschaften ist jederzeit möglich und nicht vorher-
sehbar. Des Weiteren ist durch saisonbedingte Effekte mit einem Wiederanstieg
der Infektions- und in der Folge auch mit einem Anstieg der Hospitalisierungs-
zahlen zum Herbst/Winter 2022/2023 zu rechnen. Gleichzeitig treten wichtige
Verordnungsermächtigungen zur Bekämpfung der Verbreitung des Coronavirus
SARS-CoV-2 zeitnah außer Kraft.
Ein hoher Anteil von Personen mit einer Immunität gegen das Coronavirus SARS-
CoV-2 senkt die Wahrscheinlichkeit schwerer SARS-CoV-2-Ausbrüche, die das
öffentliche Gesundheitssystem überfordern können. Eine Schutzimpfung gegen
das Coronavirus SARS-CoV-2 (COVID-19-Schutzimpfung) ist aktuell das wirk-
samste Mittel, um die Pandemie dauerhaft unter Kontrolle zu bringen und künf-
tige Notlagen zu vermeiden. Eine vollständige COVID-19-Schutzimpfung
(Grundimmunisierung plus Auffrischimpfung) ist nach derzeitigem wissenschaft-
lichem Stand der beste Schutz zur Verhinderung einer Infektion mit dem Corona-
virus SARS-CoV-2 mit schwerem Verlauf. Insbesondere die vulnerable Bevölke-
rung ist jedoch weiterhin gefährdet, weil auch eine Schutzimpfung nicht in jedem
Fall eine schwere Erkrankung und eine Hospitalisierung verhindern kann. Gleich-
zeitig sollen die schweren gesamtgesellschaftlichen Einschränkungen der vergan-
genen Jahre vermieden werden, indem Surveillance- und Schutzmaßnahmen ziel-
gerichtet eingesetzt werden.
Zur Optimierung des Pandemiemanagements hat der Corona-Expertenrat es für
notwendig erachtet, dass spätestens bis zum Herbst 2022 Kennzahlen zur aktuel-
len Hospitalisierungsprävalenz und der Bettenbelegung der Krankenhäuser vor-
liegen. Es bedarf daher gesetzlicher Anpassungen mit Blick auf das mögliche Pan-
demiegeschehen im Herbst/Winter 2022/2023 auch in Bezug auf die Meldungen
intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten an das DIVI IntensivRegister.
Seit dem 1. Januar 2021 besteht für SARS-CoV-2 diagnostizierende Labore die
Verpflichtung zur Anbindung und elektronische Meldung der positiven Tester-
gebnisse an DEMIS, sodass für positive PCR-Testergebnisse auf SARS-CoV-2
nahezu eine Vollerfassung vorliegt (PoC-PCR-Ergebnisse werden gegebenenfallsVorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetztDrucksache 20/2573 – 2 – Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode
nicht über diesen Weg gemeldet). Mit der alleinigen Erfassung der Positivmel-
dungen über DEMIS können weder Rückschlüsse auf die vorhandenen PCR-Test-
kapazitäten noch Positivenanteile der durchgeführten Testungen gezogen werden.
Daher ist die Erhebung weiterer Daten zu durchgeführten Testungen insgesamt
nötig.
B. Lösung
Im Sinne des vom Bundesministerium für Gesundheit vorgelegten 7-Punkte-Plans
für den Herbst sollen zum Schutz vor COVID-19 die Arzneimittelversorgung für
die kommende Herbst-/Wintersaison verbessert, zielgerichtete Impfkampagnen
ermöglicht und der Schutz der vulnerablen Bevölkerung gestärkt werden.
Die Ermächtigungsgrundlage für die Coronavirus-Impfverordnung
(CoronaImpfV) und Coronavirus-Testverordnung (TestV) sowie die Geltungs-
dauer der CoronalmpfV werden bis zum 31. Dezember 2022 verlängert. Darüber
hinaus wird die Berechtigung zur Durchführung von COVID-19-Impfungen
durch Apotheker, Zahnärzte sowie Tierärzte bis zum 30. April 2023 verlängert.
Der Infektionsschutz in Einrichtungen und Unternehmen der Pflege und Einglie-
derungshilfe wird durch besondere Regelungen und durch eine Aufgabenerweite-
rung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim
Robert Koch-Institut (KRINKO) gestärkt. Die Länder erhalten eine Ermächti-
gungsgrundlage, um auch im Pflegebereich Regelungen zu Hygiene und Infekti-
onsschutz zu treffen, zum Beispiel die Bestellung von hygienebeauftragten Pfle-
gefachkräften in vollstationären Einrichtungen, was der Empfehlung des Exper-
tenrates der Bundesregierung entspricht. Die Regelungsmöglichkeiten für Schutz-
maßnahmen außerhalb dieser Einrichtungen (§§ 28 ff. IfSG) sollen nach Vorlie-
gen der Evaluation nach § 5 Absatz 9 IfSG im Rahmen des vorliegenden Gesetz-
entwurfs im parlamentarischen Verfahren Berücksichtigung finden.
Krankenhäuser sollen verpflichtet werden, regelmäßig die Anzahl der belegten
Betten sowie der aufgestellten Betten auf Normalstationen pro Krankenhaus zu
melden. Um die Datengrundlagen weiter zu verbessern und gleichzeitig die Mel-
deaufwände für die Krankenhäuser zu reduzieren, sollen die Meldungen modifi-
ziert und technisch angepasst werden. Dafür wird die gesetzliche Grundlage der
entsprechenden Verordnungsermächtigung geschaffen. Gleichzeitig wird die Er-
mächtigungsgrundlage, die Grundlage für die DIVI IntensivRegister-Verordnung
ist, verstetigt.
Es wird in § 7 Absatz 4 IfSG eine verpflichtende Erfassung der durchgeführten
(auch negativen) SARS-CoV-2-PCR-Testungen vorgesehen.
Es werden weitergehend als bisher repräsentative Sentinel-Studien ermöglicht,
bei denen beispielsweise in Zusammenarbeit mit Einrichtungen der gesundheitli-
chen und pflegerischen Versorgung repräsentative Auswertungen zu Erkran-
kungs- und Infektionszahlen und Durchimpfungsraten stattfinden können. Auch
die sogenannte Abwassersurveillance kann auf dieser Basis fortgeführt werden.
Das Bundesministerium für Gesundheit erhält die Ermächtigung, bestimmte Ein-
richtungen zur Mitwirkung zu verpflichten. Der Bund kann sich über § 69 IfSG
an den Kosten dafür beteiligen.
C. Alternativen
Keine.Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetztDeutscher Bundestag – 20. Wahlperiode – 3 – Drucksache 20/2573
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Bund, Länder und Gemeinden
Mehrbelastungen des Bundes aufgrund der Verlängerung der Coronavirus-Impf-
verordnung über das derzeitige Außerkrafttreten zum 25. November 2022 hinaus
bis zum 31. Dezember 2022 hängen von stark volatilen Parametern wie dem wei-
teren Verlauf des Infektionsgeschehens und der Inanspruchnahme durch die Be-
völkerung ab. Je eine Million Impfungen durch die Leistungserbringer nach § 3
Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 3 bis 9 der Coronavirus-Impfverordnung entstehen
Kosten für den Bund in Höhe von höchstens 36 Millionen Euro, sofern bei der
Impfung die Verpflichtung zur Teilnahme an der Impfsurveillance erfüllt wird.
Für die Ausstellung von Impfzertifikaten, für die Apotheken- und Großhandels-
vergütung könnten in der Summe auf Grundlage der Abrechnungsdaten des ersten
Halbjahres 2022 darüber hinaus geschätzte Kosten von rund 75 Millionen. Euro
pro Monat entstehen. Die durch die Verlängerung der Coronavirus-Impfverord-
nung entstehenden Kosten für das Digitale Impfquotenmonitoring (DIM) betra-
gen insgesamt voraussichtlich ca. 2 Millionen Euro.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Für die Bürgerinnen und Bürger entsteht kein Erfüllungsaufwand.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Für die Krankenhäuser entsteht ein einmaliger Erfüllungsaufwand pro Kranken-
haus von weniger als 500 Euro für die Installation des erforderlichen Komfort-
Clients. Außerdem entsteht einmaliger Erfüllungsaufwand für das Update des Pri-
märsystems zwecks Anschluss an DEMIS von weniger als 500 Euro pro Kran-
kenhaus. Die Höhe des Betrags ist abhängig vom Inhalt der geschlossenen Ver-
träge, sofern das Update nicht ohnehin schon vom Vertrag mit dem Hersteller des
Krankenhausinformationssystems umfasst ist.
Für die Meldung über den Komfort-Client entsteht ein Aufwand von ca. 3 Stun-
den monatlich pro Krankenhaus. Es ist davon auszugehen, dass pro Krankenhaus
ein Aufwand von 6 min täglich erforderlich ist, sodass sich ein monatlicher Auf-
wand von 180 min (= 3 Stunden) ergibt. Bei einem Stundensatz von 30 Euro
brutto entsteht daher ein Gesamtaufwand pro Krankenhaus von 90 Euro im Mo-
nat, für alle Krankenhäuser ein solcher von ca. 171 000 Euro im Monat. Dieser
Aufwand entsteht nur, solange die automatisierte Meldung aus den Primärsyste-
men noch nicht umgesetzt ist, das heißt voraussichtlich bis zum 31. Dezember
2022.
Den Meldepflichtigen nach § 8 IfSG entsteht ein geringfügiger Erfüllungsauf-
wand in nicht quantifizierbarer Höhe durch die Einführung zusätzlicher Melde-
pflichten.
Durch neue Vorgaben in § 35 IfSG (hygienebeauftragte Pflegefachkraft in voll-
stationären Einrichtungen) entstehen für die Wirtschaft jährliche Belastungen in
Höhe von rund 18 Millionen Euro (eine Stunde Zeitaufwand je Woche und Lohn-
kostenersatz in Höhe von 30 Euro für 11 736 Einrichtungen).Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetztDrucksache 20/2573 – 4 – Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode
Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten
Der vorgenannte Erfüllungsaufwand besteht zum Teil aus Bürokratiekosten aus
Informationspflichten.
Der jährliche Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft wird nach der „One-in-One-
out“-Regel der Bundesregierung außerhalb dieses Vorhabens kompensiert. Das
Bundesministerium für Gesundheit prüft Entlastungen in anderen Regelungsbe-
reichen.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Beim Robert Koch-Institut (RKI) entsteht ein Erfüllungsaufwand für die Verar-
beitung der zusätzlichen Meldedaten.
Den Gesundheitsämtern entsteht ein geringfügiger Erfüllungsaufwand in nicht
quantifizierbarer Höhe durch die Einführung zusätzlicher Meldepflichten.
Dem Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) wird durch die Abrechnung und
Zahlung von Corona-Finanzhilfen aus der Liquiditätsreserve des Gesundheits-
fonds über den 25. November 2022 hinaus Erfüllungsaufwand in nicht beziffer-
barer Höhe entstehen.
Für das BAS entsteht aufgrund der Verlängerung der Coronavirus-Impfverord-
nung einmaliger Erfüllungsaufwand für die Anpassung der bestehenden Abrech-
nungsverfahren in Höhe von 2 820 Euro. Dabei wird angenommen, dass insge-
samt ein Zeitaufwand von 40 Arbeitsstunden für den höheren Dienst bei einem
Lohnkostensatz von 70,50 Euro pro Stunde anfällt. Für die Abwicklung der Zah-
lungen im Rahmen der Abrechnungsverfahren entsteht dem BAS einmaliger Er-
füllungsaufwand von rund 6 435 Euro. Dabei wird angenommen, dass für die Ab-
wicklung der Zahlungen der Erstattungsverfahren insgesamt ein Zeitaufwand von
55 Arbeitsstunden für den höheren Dienst bei einem Lohnkostensatz von 70,50
Euro pro Stunde und ein Zeitaufwand von 55 Arbeitsstunden für den gehobenen
Dienst bei einem Lohnkostenersatz von 46,50 Euro pro Stunde anfällt.
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