Die amerikanische Bezahlplattform drohte politische Geldstrafen gegen die eigenen Kunden an – und wurde vom Gegenwind überrascht.
Simon Akstinat / 11.10.2022 / 11:00 / Foto: Pixabay/0 /
PayPal, der bekannteste Online-Zahlungsdienstleister der Welt, der ohnehin seit geraumer Zeit mit großen Problemen bezüglich seines Aktienkurses zu kämpfen hat (innerhalb eines Jahres hat die Aktie knapp 60% ihres Wertes verloren und fiel von 233 auf aktuell 91 Euro), musste nun außerdem schmerzhaft erfahren, dass die Vermischung von Politik und Wirtschaft schlecht fürs Geschäft sein kann.
Was passiert ist: Die Zahlungsplattform teilte mit, dass sie 2.500 Dollar von Nutzer-Konten abbuchen würde, die „Fehlinformationen“ und „Hassreden“ verbreiten. Die Empörung über diesen angekündigten Diebstahl an den eigenen Kunden schlug hohe Wellen, und das Unternehmen sah sich einer wahren Flut von Kritik in den sozialen Medien ausgesetzt, nachdem die Richtlinie am Freitag veröffentlicht worden war.
Auf Twitter teilten zahlreiche PayPal-Kunden mit, dass sie ihre Konten wegen PayPals Drohung bereits gelöscht haben oder in Kürze zur Konkurrenz wechseln würden. Entrüstete Beobachter fühlen sich an das Unternehmen GoFundMe erinnert, das Anfang dieses Jahres Spenden zur Unterstützung der Proteste kanadischer Lastwagenfahrer gegen die Corona-Politik einfach eingefroren hatte und sie anschließend sogar stehlen wollte, indem sie die Spenden nach Gutdünken an Organisationen ihrer Wahl ausschüttet.
„Es fällt mir schwer, ein Unternehmen offen zu kritisieren, das ich einst geliebt und dem ich so viel gegeben habe“, schrieb der ehemalige Präsident des Unternehmens, David Marcus, dazu auf Twitter. „Die neuen Richtlinien von PayPal widersprechen allem, woran ich glaube. Ein privates Unternehmen darf jetzt entscheiden, dein Geld zu nehmen, wenn du etwas sagst, mit dem sie nicht einverstanden sind. Wahnsinn.“ Elon Musk, Mitgründer von PayPal, antwortete knapp mit „Stimmt“ auf den Beitrag.
„Der Kapitalismus funktioniert“
Am Samstag teilte die Firma PayPal, mit Sitz in San Jose (Kalifornien), in einer Stellungnahme mit: „Ein AUP (Acceptable Use Policy)-Hinweis wurde vor kurzem versehentlich mit falschen Informationen verschickt. PayPal verhängt keine Geldstrafen für Fehlinformationen, und es war nie beabsichtigt, diese Formulierung in unsere Richtlinie aufzunehmen“
Das aber halten viele Kommentatoren für eine Lüge, und weisen darauf hin, dass PayPal erst zwei Wochen zuvor Konten politisch missliebiger Kunden in Großbritannien eingefroren habe, was das Unternehmen nach heftigen Protesten wenig später ebenfalls als „Fehler“ bezeichnete. „PayPal will uns glauben machen, dass seine ‚Fehlinformations‘-Richtlinie nur ein ‚Fehler‘ gewesen sei. Anscheinend zielte sie auf Andersdenkende ab. Sieht eher nach einem Probelauf als nach einem weiteren ‚Fehler‘ aus.“, twitterte etwa Todd Zywicki, Jura-Professor der George Mason University.
Ein anderer Nutzer kommentiert PayPals angebliches „Versehen“ so: „Jetzt macht @PayPal einen Rückzieher. Glauben Sie Ihnen nicht! Heerscharen von Rechtsanwälten und Mitarbeitern für Richtlinien und Standards überprüfen die AGBs, bevor diese veröffentlicht werden.“ Der in den USA bekannte Podcast-Moderator Patrick Bet-David meinte: „Das Volk hat geantwortet und PayPal eine Heidenangst eingejagt. Alle Macht dem Volk! Der Kapitalismus funktioniert.“
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