Corona-Proteste: „Die Gewalt ging vor allem von der Polizei aus“

Eine Demonstrantin auf einer Corona-Demonstration ist umgeben von Einsatzkräften der Polizei.
(Foto: Marc Bernot)

Von André Jasch • 19. Februar 2023
Der Fotograf Marc Bernot begleitete die Corona-Proteste über mehrere Monate.
Gewaltbereite Demonstranten hat er dabei nicht beobachtet, dafür aber
unverhältnismäßige Härte der Polizei. In einem Bildband hat er seine Eindrücke
festgehalten.
Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Wie bist du auf die Idee gekommen, die Corona-
Demonstrationen als Fotograf zu begleiten?
Marc Bernot: Es war diese Diskrepanz zwischen der öffentlichen Berichterstattung und
den Augenzeugenberichten, die ich teils von Freunden bekam, aber auch den alternativen
Medien entnehmen konnte. Es führte dazu, dass ich mir mein eigenes Bild machen wollte.
Zum einen interessierten mich die Teilnehmer, aber auch das Vorgehen der Polizei. Nach
meiner ersten Demonstration, die ich fotografisch begleitete, war ich verwirrt. Ich traf an
diesem Tag nicht die Covidioten, Verschwörungstheoretiker und Reichsbürger, die man
medial darstellte, sondern Lehrer, Ingenieure, Ärzte, Studenten oder anders formuliert, ein
Querschnitt der Bevölkerung, dem die Freiheit überaus wichtig zu sein schien. Ich war
aber auch geschockt. Es machte auf mich den Eindruck, als sei beim Einsatz der Polizei
das rechtsstaatliche Prinzip vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit außer Kraft gesetzt
worden. Es erschien mir, dass die polizeilichen Einschüchterungen und die polizeiliche
Gewalt nur möglich waren, weil sie politisch gewollt und gedeckt waren. Das wollte ich
dokumentieren.
DWN: In den Medien wurde schnell ein Bild der Demonstranten gezeichnet politisch
extrem und potenziell gewaltbereit. Kannst du das bestätigen?
Marc Bernot: Nein, nicht einmal im Ansatz. Meiner Einschätzung nach waren viele
politische Strömungen und unterschiedliche Weltbilder vertreten. Ich traf Menschen, die
sich politisch links einordneten, Unternehmer, die vor Jahren FDP wählten, wieder andere
erschienen mir sehr umweltbewusst ohne das sie ihre Parteivorliebe nennen wollten. Ich
bin mit Menschen ins Gespräch gekommen, die sich selbst als konservativ verstanden
und ich traf immer wieder Leute, die unpolitisch waren und auch nicht in politische
Schubladen gesteckt werden wollten. Alle einte die Sehnsucht nach Freiheit und die
Toleranz anderer Meinungen. Das machte meine Arbeit angenehm und es sagte mir zu,
diese Menschen zu begleiten. Ich hatte also keinesfalls das Gefühl, in einem extremen
Umfeld zu arbeiten. Demzufolge kann ich von meinen Eindrücken auch keine
Gewaltbereitschaft bestätigen. Mehrfach erlebte ich Menschen, die Andere bei
überzogenen Polizeieinsätzen dazu aufriefen, sich nicht provozieren zu lassen und ruhig
zu bleiben. Sie lehnten jede Form von Gewalt ab, egal von wem. Es hatte für mich den
Anschein, dass die Gewaltbereitschaft, die man den Demonstranten unterstellte, sich
eher auf staatlicher Seite finden ließ.
DWN: Du hast die Demonstrationen über mehrere Monate begleitet. Hat sich der Ton auf
den Demos und die Zielrichtung der Proteste dabei verändert?
Marc Bernot: Ja. Wahrscheinlich auch bedingt durch den Regierungswechsel nach der
Bundestagswahl änderte sich der Ton. Meinem Empfinden nach wurde er jedoch nicht
rauher. Ich nahm Fassungslosigkeit und Angst bei Einführung der einrichtungsbezogenen
Impfpflicht wahr und spürte nach dem Scheitern der allgemeinen Impfpflicht Hoffnung
und Zuversicht. Ich konnte auch Wut und Ohnmacht wahrnehmen, als Menschen durch
Politiker, Journalisten, Ärzte, Künstler und den vielen anderen, ausgegrenzt und
beschimpft wurden. Ja, ich empfand das sich der Ton stetig der Lage anpasste, was
meiner Meinung nach nicht zu einer erhöhten Aggression im Ton geführt hat. Und
natürlich änderte sich auch die Zielrichtung der Proteste. In den Augen der Menschen auf
der Straße waren nach dem Regierungswechsel Fehlentscheidungen kein
ausschließliches Phänomen in einer fragwürdigen Gesundheitspolitik. Das war natürlich
auch an den Inhalten der Plakate und Transparente zu erkennen.
DWN: Du warst selbst jahrelang Polizist, bevor du dich für die Fotografie entschieden
hast. Wie beurteilst du mit dieser Erfahrung das Vorgehen der Polizei bei den
Demonstrationen?
Marc Bernot: Ich denke, diese Erfahrung half mir das Gesehene gut einordnen und
bewerten zu können. Wie schon erwähnt, schien der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
keine tragende Rolle mehr zu spielen. Ich bin selbst zweimal festgenommen und dabei
körperlich und verbal angegangen worden. In beiden Fällen kam es zu keiner Anklage
gegen mich. Immer mal wieder behinderte die Polizei meine Arbeit, indem sie mich
herumstieß und schubste, in anderen Situationen versuchte man mir meine Kamera aus
der Hand zu schlagen. Ich bin auch öfter aufgefordert worden, Datenträger zu löschen
oder herauszugeben mit dem Hinweis auf angebliche Persönlichkeitsrechtsverletzungen.
Diese gab es natürlich nicht, denn bei den Aufnahmen handelt es sich schließlich um
zeithistorische Dokumente nach § 23 KunsturhG. Das wussten sicher auch die Polizisten,
sie versuchten es also mit Einschüchterung ohne ihre Aufforderung durchzusetzen. Die
Erlebnisse die ich mit der Polizei hatte, deckten sich mit der Einschätzung des damaligen
UN Sonderberichterstatters für Folter und Menschenrechtsverletzungen, Nils Melzer, der
von einem Systemversagen bei Polizeigewalt sprach. Ich würde das Vorgehen bis auf
wenige Ausnahmen wie er, als unverhältnismäßig und totalitär beurteilen.
DWN: Was haben die Demonstrationen deiner Meinung nach gebracht? Ist dadurch ein
gesellschaftlicher Prozess angestoßen worden?
Marc Bernot: Eine Frage, deren Beantwortung ich für schwierig halte. Zumindest haben
die Demonstrationen gezeigt, dass es Menschen gibt, die die Dinge anders sehen und
beurteilen. Und sie haben gezeigt, wie die Gesellschaft mit ihnen umgeht. Widersprüche
tauchten auf, Doppelstandards wurden sichtbar. Das wiederum öffnete weiteren
Menschen die Augen, was dazu führte, dass Demonstrationen und Spaziergänge regen
Zulauf bekamen. Gerade auch bei den Spaziergängen offenbarte sich ja, dass die Maske
der Rechtsstaatlichkeit immer mehr verrutschte und weiteren Menschen das Verständnis
für die staatlich überzogenen Maßnahmen abhanden kam. Im Zusammenhang mit den
Nebenwirkungen der Gentherapie und der Nichterklärbarkeit der Übersterblichkeit
zerstört das bei vielen nachhaltig das Vertrauen nicht nur in die Regierung, sondern in das
System allgemein – ein durchaus gesellschaftlicher Prozess den man hier beobachten
kann. Bedenkt man jedoch, dass dieser von einer Minderheit angestoßen wurde, weil die
Mehrheit wieder mitmachte, dann muss man davon ausgehen, dass es sich um einen
langwierigen Prozess handelt, bei dem Wahrheit sehr zäh und spät ans Licht kommt und
eventuell niemand sich mehr für irgendetwas verantworten muss. Man wird vermutlich,
gesellschaftlich gesehen, wenig Lehren aus dieser Zeit ziehen und die Coronazeit wird im
kollektiven Gedächtnis verblassen, so wie auch andere unschöne historische Ereignisse.
Zur Person: Marc Bernot, *1974, ist freiberuflicher Fotograf mit einem Faible für Arbeiten
in Schwarzweiß. Er arbeitet im Bereich Werbung für verschiedene Agenturen, Firmen und
Privatkunden in den Gebieten der Food-, Business- und Architekturfotografie und ist im
Rahmen der Reportagefotografie für verschiedene Magazine, Verlage und Privatpersonen
tätig. In seinem Bildband „Freiheit – Traum und Wirklichkeit“ (ISBN
978-3-98584-236-0), erschienen im Klarsicht-Verlag, dokumentiert er die Corona-
Proteste zwischen 2020 und 2022 in Schwarzweiß-Fotografien.
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