Insgesamt 1,5 Millionen Euro wendet die Bundesregierung für Fotografen und Visagisten
auf. Wie passend, dass das Forschungsministerium gleichzeitig eine Wunschfrisuren-App
fördert. Der Bund der Steuerzahler sieht auch anderswo erhebliches Sparpotenzial.
Wegen Unstimmigkeiten in der Koalition wurden in diesem Jahr bisher nicht wie sonst
üblich Eckwerte für den Haushalt 2024 beschlossen. Der Regierungsentwurf soll nun
nach der Steuerschätzung für Mai am 21. Juni vom Kabinett gebilligt werden. Danach ist
der Bundestag am Zug, der den Haushalt Anfang Dezember beschließen will.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat unter Verweis auf Milliardenlücken
öffentlich für einen Sparkurs geworben. Die Koalitionspartner SPD und Grüne reagierten
darauf reserviert. Der Bund der Steuerzahler indes eröffnete bereits ein „Sparbuch für
den Bundeshaushalt“, in welchem er verschiedene Einsparmöglichkeiten zusammenträgt
– im Großen wie im Kleinen.
„Ziel muss sein, Einnahmen und Ausgaben strukturell wieder in Einklang zu bringen und
damit die Regelverschuldung der grundgesetzlichen Schuldenbremse dauerhaft und
ohne verfassungsrechtlich zweifelhafte Buchungsmanöver einhalten zu können“, heißt es
dort.
Gesichter der Politik
Laut Steuerzahlerbund sind beispielsweise im ersten vollen Regierungsjahr der Ampel
2022 die Kosten für Fotografen, Friseure und Visagisten um fast 80 Prozent im Vergleich
zum Vorjahr gestiegen – auf rund 1,5 Millionen Euro. Mit 137.000 Euro schlägt dabei eine
Maskenbildnerin im Auftrag des Auswärtigen Amtes unter Bundesaußenministerin
Annalena Baerbock zu Buche.
Die Ausgaben ordnet zwar auch der Bund der Steuerzahler im Vergleich zu den üppigen
Budgets der Öffentlichkeitsarbeit der Ministerien insgesamt als gering ein. „Doch in
Zeiten vermeintlich knapper Kassen, von Rekordverschuldung und Rezessionsängsten
wäre es ein gutes Signal an den Steuerzahler, die Ausgaben für teure Visagisten zu
reduzieren und sich zweimal zu überlegen, ob ein Fotograf engagiert werden muss, um
den eigenen Auftritt ins gewünschte Licht zu rücken.“
Per App zum perfekten Haar – Steuerzahlerbund fordert Cut
Bleiben wir noch kurz beim Thema: Haben Sie auch schon einmal den Friseur mit einer
genauen Vorstellung für die neue Wunschfrisur aufgesucht, nur um enttäuscht wieder
herauszukommen? Das Bundesforschungsministerium hat eine Lösung für dieses
Problem gefunden.
Mit einem Budget von über 1,3 Millionen Euro fördert es bis Herbst 2025 ein App-Projekt,
das auf den Einsatz von „Augmented Reality“ setzt. Dank dieser Technologie können
Wunschfrisuren unter Berücksichtigung der individuellen Kopfform und Haarstruktur noch
vor dem Einsatz von Schere und Haarfärbemittel wirklichkeitsnah visualisiert und
angepasst werden. Das große Ziel des Projekts ist es, die Kundenzufriedenheit im Salon
zu erhöhen.
An und für sich eine schöne Vorstellung. Der Steuerzahlerbund findet aber, dass es keine
staatliche Kernaufgabe sei, Kundenbindungen, Produktivität und damit Gewinnaussichten
für Friseur-Salons zu optimieren. „Wir sagen Nein und fordern einen Cut!“
Spielerische Außenpolitik
Bereits in der Vergangenheit waren Videospiele im Auswärtigen Amt und dessen
Öffentlichkeitsarbeit im Inland angesagt – mit überschaubarem Erfolg. Nichtsdestotrotz
wird auch 2023 dort munter weiter gezockt. Mit 300.000 Euro fördert das Ministerium
das Projekt „Auswärtsspiel“.
Das Projekt soll offenbar das Bewusstsein für globale Herausforderungen stärken und die
Rolle digitaler Spiele in der Außenpolitik erweitern. Es soll auch ein Fragenkatalog für
Spieleentwickler entworfen werden, um ihnen bei der Entwicklung von
(außen-)politischen Narrativen in Videospielen zu helfen und eigene Spielinhalte kritisch
zu reflektieren.
46 Bundesbeauftragte im Einsatz
Richtig ans Eingemachte geht es aber bei den Kosten des Verwaltungsapparates des
Bundes. So haben sich laut „Welt“ die Kosten dafür seit 2010 auf 22 Milliarden Euro mehr
als verdoppelt. Hauptgrund sind demnach die mittlerweile 300.000 Mitarbeitenden, von
denen über 30.000 auf die Bundesministerien entfallen. Hier werden im „Sparbuch“ vor
allem die teuren Top-Beamtenposten moniert.
Hinzu kommen in den Ministerien noch diverse Beauftragte und Koordinatoren für
verschiedene Themenfelder. 46 Beauftragte gibt es laut Steuerzahlerbund aktuell. Das
Amt des Tierschutzbeauftragten ist das neueste in der Runde. Die Beauftragte für Kultur
und Medien etwa wird mit 162.000 Euro und der Beauftragte für den Datenschutz und die
Informationsfreiheit mit 192.000 Euro vergütet.
Der Bund der Steuerzahler mokiert: „Hier wird politischer Wille zur Bearbeitung eines
Themas signalisiert, ohne bei der Umsetzung konkreter Maßnahmen allzu tatkräftig sein
zu müssen!“ Heißt: mehr Schein als Sein. Bevor neue Beauftragte die Geldbeutel der
Steuerzahler belasten würden, sollten die üppigen Personalressourcen in den Ministerien
erst einmal effektiv eingesetzt werden, so die Forderung.
Knapp 690 Millionen Euro für parteinahe Stiftungen
Ebenfalls kritisch im „Sparbuch“ vermerkt werden die parteinahen Stiftungen, die sich
fast vollständig aus öffentlichen Mitteln finanzierten. Hierzu notiert der Steuerzahlerbund:
„Ohne ein Gesetz, das die Steuerfinanzierung und insbesondere deren Aufwuchs klar
regelt, schanzen die Parteien ‚ihren‘ sechs bezuschussten Stiftungen im Hinterzimmer
des Haushaltsauschusses weiterhin ungehindert immer mehr Steuergeld zu.“
Statt wie von der Ampel ursprünglich angedacht, hier etwas Zurückhaltung walten zu
lassen, genehmigte der Haushaltsausschuss des Bundestags den Stiftungen 2023 bis zu
knapp 690 Millionen Euro – ein Rekord.
In Österreich zum Beispiel ist die Förderungssumme der Stiftungen auf Bundesebene seit
2014 unverändert. Sie beträgt 10,5 Millionen Euro.
Milliarden-Subventionen für grüne Transformation der
Wirtschaft
Noch wesentlich höher ist die Summe, welche die Ampel für die grüne Transformation der
deutschen Wirtschaft aufruft. Bis 2045 will Deutschland klimaneutral sein. So steht es im
Gesetz. Doch gerade die sogenannten Grundstoffindustrien wie Stahl und Zement sowie
Teile der chemischen Industrie wären mit einer klimaneutralen Produktion international
kaum wettbewerbsfähig. Aus dem Grund will die Bundesregierung dies massiv fördern.
Eine teure Angelegenheit für den Steuerzahler. So steht im „Sparbuch“: „Im
Sondervermögen ‚Klima- und Transformationsfonds‘ sind in diesem Jahr rund 2,2
Milliarden Euro für die Dekarbonisierung der Industrie vorgesehen – davon rund 442
Millionen Euro für die sogenannten Klimaschutzverträge. Bis 2040 sind aktuell bis zu
insgesamt 68 Milliarden Euro Subventionen für die Dekarbonisierung der Industrie
vorgesehen, worunter auch die ‚Klimaschutzverträge‘ fallen.“
Der Steuerzahlerbund spricht sich gegen eine breit angelegte Förderung mit langen und
umfassenden Zahlungsverpflichtungen aus. Schließlich gebe es geeignetere Instrumente,
um die gesetzten Ziele zu erreichen. „Hier besteht erhebliches Einsparpotenzial für den
Bundeshaushalt“, heißt es. Und selbst der Wissenschaftliche Beirat beim
Wirtschaftsministerium hatte in einem Gutachten bereits gewarnt, dass die
Klimaschutzverträge sehr teuer würden und das Risiko einer „Überförderung“ groß sei.
Immerhin mahnte Bundesfinanzminister Lindner in einem Interview mit der „Rheinischen
Post“ an: „Die Politik muss wieder lernen, mit dem Geld auszukommen, das die
Bürgerinnen und Bürger erwirtschaften.“ Über jede einzelne Ausgabe werde nun „auf ihre
Begründung und ihre Höhe hin“ beraten. „Da werden auch einige liebgewonnene
Gewohnheiten auf den Prüfstand gestellt werden müssen.“
Ausgang offen.
Quelle : Focus