Helmut Kuntz Eine Woche vor dem Klimagipfel in Spanien schaffte es unsere Umweltministerin, den Deutschen Klima-Monitoringbericht 2019 zu verkünden und zeigte damit eindrucksvoll, dass in der Industrie und bei öffentlichen Bauten und Infrastruktur zwar nichts mehr rund – eher regelmäßig aus dem Ruder – läuft, das Controlling zum Klima und alles was so dazu gehört, dafür aber bestens und pünktlich funktioniert, Deutschland für seine neue Zukunft also gut vorbereitet und gerüstet ist …
Schlimmer war es scheinbar noch nimmer …
Frau S. Schulze ist zwar nicht so wahnhaft einer Klimaangstpsychose
verfallen, wie es ihre Vorgängerin erkennbar war, ersetzt dies aber
problemlos durch mindestens das gleich niedrige Niveau an Wissen über
ihr Aufgabengebiet Klima. Und so verkündete sie mit der Vorlage des
neuen Klimaberichtes, was sie daraus „gelernt“ hat, oder ihr vielleicht
einfach dazu vorgelegt wurde: [59] Merkur 26.11.2019: „Alarmierend“ Immer mehr „heiße Tage“: Ministerin mit drastischem Urteil über Klima-Folgen für Deutschland … Der Klimawandel
hinterlässt in Deutschland immer heftigere Spuren. Laut einem neuen
Bericht der Bundesregierung kam es wegen der Hitze sogar zu mehr
Todesfällen. … Die Folgen des
Klimawandels lassen sich immer besser erkennen. Bundesumweltministerin
Svenja Schulze spricht über „alarmierende“ Befunde.
Dabei steht im Bericht, dass das Klima noch nie so gut wie derzeit war
Der Autor hat den Bericht daraufhin natürlich sofort gelesen.
Schließlich behauptet er immer steif und fest, dass sich in Deutschland
kein schlimmer Klimawandeleinfluss (der über den natürlichen Wandel und
Extreme hinausgeht) zu erkennen ist, eher sogar viele positive Einflüsse
der zunehmenden Wärme ihre Wirkungen entfalten.
Und was ist die Erkenntnis des Durchlesens: Der Bericht bestätigt
diese Anschauung (rein persönliche Meinung des Autors). Wer Berichte
über die Extreme und auch Hungerjahre (die zu vielen Toten und
Auswanderungswellen führten) der zum Glück vergangenen Kaltzeit daneben
stellt, muss sich wirklich wundern, dass in einem (noch)
Hochtechnologieland dargestellt wird, dass Autobahnen 1 … 6 Stunden im Jahr von Starkregen negativ beeinträchtigt werden, es sonst scheinbar keine schlimmeren Beeinträchtigungen der „freien Fahrt“ gibt.
Gut, die Bahn macht exemplarisch vor, dass man bei Wetterunbilden den
Betrieb generell sehr großflächig einstellt, das Wetter inzwischen also
sehr wohl große – früher so nicht gekannte – Auswirkungen hat.
Eine wichtige Erkenntnis hat der Bericht allerdings schon zutage
gefördert: 63 % der Deutschen trauen unserer Regierung nicht mehr zu,
die Auswirkungen des Klimawandels in Deutschland zu beherrschen … Bevor
man nun über solche Personen etwas fabuliert, könnte man auch sagen: Nun
fällt unserer Regierung das von ihr selbst erklärte Problem ganz
gehörig auf die eigenen Füße. Leider werden diese Schmerzen sehr, sehr
teuer nicht mit eigenem, sondern gutem Geld der Bürger gelindert.
Die Inhalte des Berichtes wurden in einen Foliensatz eingetragen.
Diese Blätter anbei, damit sich jeder ein Bild über wesentliche Aussagen
des Berichtes (und des Autors) machen kann:
Immer wieder begegnen wir Zeitgenossen, die Dieter Bohlen gemeint haben muss, als er den Satz sagte: „Das Problem ist: Mach einem Bekloppten klar, dass er bekloppt ist.“
Zu den Menschen, die eine Wäscheklammer von einer Lüsterklemme nicht
unterscheiden können, sich selbst aber maßlos überschätzen, gehört
auch der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge,
Hans-Eckhard Sommer, der eben bekanntgegeben hat, die Flüchtlingskrise
der Jahre 2015 und 2016 sei vorbei. Weiter sagte er: „Ich weiß nicht, ob
andere Staaten in der Welt diese Leistung von 2015 und 2016 hätten
vollbringen können. Deutschland hat Hunderttausende Schutzsuchende
innerhalb weniger Monate aufgenommen…“ Was sich etwa so anhört wie die
Behauptung eines inzwischen verstorbenen Historikers, andere Völker
würden „uns um dieses Mahnmal beneiden„, womit er das Holocaustmahnmal in Berlin meinte, also indirekt auch den Holocaust.
Angesichts der Tatsache, dass immer noch jeden Tag etwa 500
„Geflüchtete“ nach Deutschland kommen, was, aufs Jahr umgerechnet, etwa
so viele Menschen ausmacht, wie in Osnabrück gemeldet sind, muss ein
Mann, der par ordre du mufti erklärt, die Flüchtlingskrise sei vorbei,
und zwar seit Jahren, also noch ehe sie begonnen hat, den IQ einer
Gonsenheimer Schnabeltasse haben. Was aber vollkommen reicht, um in ein
Spitzenamt der Bundesrepublik befördert zu werden, wo Ahnungslosigkeit
die erste aller Voraussetzungen für eine Karriere ist.
Nicht vorbei dagegen ist die Bereitschaft, sich selbst auf die
Schulter zu schlagen und zu dröhnen, andere Staaten hätten
„solche Leistungen“ kaum vollbringen können.
Den Holocaust macht uns keiner nach. Die Füchtlingskrise auch nicht. Und den Präsidenten des BAMF schon gar nicht.
Am 8. November 2019 erschien das Buch „Wer, wenn nicht ich – Henryk M. Broder“. Das Buch kann im Achgut.com-Shopbestellt werden.
In Südamerika gehen die Unruhen in verschiedenen Ländern weiter. Nun rumort es auch in Kolumbien.
Kolumbien ist ein sehr armes Land, das Durchschnittsgehalt liegt bei 399 Dollar und ist damit eines der geringsten in der Region. Und das, obwohl das Land reich an Bodenschätzen wie Gold, Silber, Platin und auch Öl und Gas ist. Das Land war lange von einem Bürgerkrieg zerrissen, der heute zwar vorbei ist, aber die Armut hat in den letzten Jahren sogar zugenommen. Der Grund war in erster Linie, dass die Währung an Wert verloren hat. So sind die Löhne in Peso zwar gestiegen, aber die Kaufkraft der Menschen hat trotzdem abgenommen.
n unseren Medien hören wir immer, dass die Lage in Venezuela so
katastrophal sei und das ist sicher richtig, aber was wir im
Zusammenhang mit den Unruhen, die derzeit in Kolumbien herrschen, nicht
berichtet bekommen ist, dass die Armut in Kolumbien sogar noch größer
ist. Und nicht nur das, auch die Wirtschaftsleistung pro Kopf ist in
Kolumbien sogar noch niedriger, als in Venezuela. Zumindest galt das vor
der Einführung der harten US-Sanktionen, die Venezuela derzeit
wirtschaftlich abwürgen. Die letzten verlässlichen Zahlen zum BIP von
Venezuela sind aus dem Jahre 2016 und damals lag das BIP pro Kopf in
Venezuela bei ca. 15.800 Dollar, in Kolumbien nur bei ca. 7.900.
Nebenbei
ist sogar für mich überraschend, wie stark das BIP pro Kopf in
Venezuela unter der sozialistischen Regierung von Chavez ab dem Jahr
2000 gewachsen ist, was in einem krassen Widerspruch zu den Thesen der
Neoliberalen und auch zu den Medienberichten in Deutschland steht.
Kolumbien
ist nicht nur wegen seiner Bodenschätze wichtig, es ist auch ein
strategisch wichtiges Land für die USA. Als einziges Land Südamerikas
ist Kolumbien seit 2018 sogar ein offizieller Nato-Partner.
Und die USA haben das genutzt, denn diese Vereinbarung macht es den USA
leichter, Truppen dort zu stationieren. Und diese Truppen waren Anfang
2019 ein Druckmittel gegen Venezuela, als dort Guaido seinen
Putschversuch startete. Wochenlang fürchtete die Welt damals, dass die
USA Kolumbien als Basis für ein militärisches Eingreifen in Venezuela nutzen könnten.
So
spielt Kolumbien für die USA eine durchaus strategische Rolle bei dem
offensichtlich fokussierten Wiederbeleben der Monroe-Doktrin, die
vorsieht, dass die USA Nord- und Südamerika beherrschen. Sehr zum Ärger
der USA gewinnt nämlich vor allem China in Südamerika an Einfluss hinzu,
aber auch Russland ist auf dem Vormarsch. Und daher sehen wir derzeit,
wie Regierungen in der Region, die sich von den USA abwenden, gestürzt
werden.
Das versuchen die USA seit Jahrzehnten in Kuba, seit einigen Jahren in Venezuela und in Bolivien ist es ihnen gerade gelungen.
Wie
sehr die USA aus dem Verborgenen hinter dem Putsch in Bolivien stehen,
kann man daran sehen, wie eine wahre Armee von erst kürzlich
eingerichteten Bot-Accounts den Putsch auf Twitter unterstützt.
Abgesehen
davon gab es noch eine Entwicklung, die aufzeigt, wie sehr die USA in
Bolivien die Fäden ziehen. Am 21. November hat sich US-Außenminister Pompeo zu Wort gemeldet
und gefordert, dass der gestürzte Präsident Morales in Bolivien nicht
bei der nächsten Wahl antreten solle. Und schon drei Tage später, am 24.
November, wurde dort ein entsprechendes Gesetz erlassen und Morales von
der Wahl ausgeschlossen.
Darüber hat auch der Spiegel berichtet.
Was der Spiegel aber verschwiegen hat ist, dass die
Übergangspräsidentin es dort mit dem Einhalten von Gesetzen nicht ganz
so ernst nimmt. Am gleichen Tag hatte das Parlament nämlich auch noch
ein weiteres Gesetz verabschiedet, dass Morales Straffreiheit garantieren
sollte. Die Übergangspräsidentin weigerte sich jedoch kurzerhand, das
Gesetz zu unterschreiben. In Bolivien wird nun nur noch das Gesetz, was
die Putschisten wollen, das Parlament wird notfalls einfach ignoriert.
Eine sehr interessante Auslegung demokratischer Regeln, die uns der
Spiegel jedoch lieber verschwiegen hat.
Stattdessen können wir im Spiegel lesen, dass der neue Innenminister Morales für die Unruhen im Land verantwortlich macht und ihm Terrorismus vorwirft.
Das war schon am 22. November und am gleichen Tag gab Morales
RT-Spanisch ein Interview, das der Spiegel aber nicht erwähnt hat.
Verständlich, denn dass es bei dem Putsch in Bolivien um Lithium, also
um Bodenschätze, geht, das soll der deutsche Leser nicht so gerne
wissen. Dem deutschen Leser wird die Legende vom Kampf um die Demokratie
erzählt. Morales hat in seinem Interview jedoch das Lithium als Grund für den Putsch genannt:
„Als wir den Plan zum Ausbau des Lithium-Industrie abgeschlossen
hatten, hätte Bolivien die weltweiten Lithiumpreise kontrollieren
können. (…) Jetzt verstehe ich, dass einige Industrieländer keinen
Konkurrenten wollen“
Zur Erinnerung: Lithium wird
gerade das neue Öl, denn es wird in riesigen Mengen für die Batterien
von Elektroautos gebraucht und Bolivien hat die weltweit größten Lithiumvorkommen. Es geht also wieder nur ganz schnöde um Geld und Rohstoffe und nicht um Demokratie.
Bolivien
hatte nämlich unter Morales den Plan entwickelt, mit einer deutschen
Firma das Lithium nicht nur abzubauen, sondern auch im Lande zu
Batterien zu verarbeiten. Die ganze Wertschöpfungskette sollte in
Bolivien bleiben, was den westlichen Konzernen nicht gefallen hat. Die
wollen das Lithium dort so abbauen, wie sie es mit den Bodenschätzen in
Entwicklungsländern gewohnt sind: Das Land wird mit ca. 25 Prozent
abgespeist, der westliche Konzern kassiert den Rest und verarbeitet es
dann woanders. Dem stand Morales im Weg und deshalb musste er weg.
Der
Weg Boliviens ist damit vorgezeichnet. Demnächst werden sich US-Firmen
die Förderrechte sichern und Bolivien bekommt nur Almosen, anstatt von
seinen Rohstoffen zu profitieren.
Wie sich jedoch die Dinge in
Kolumbien entwickeln, bleibt abzuwarten. Dort gab es Massenproteste und
einen Generalstreik. Daraufhin hat der Präsident zu einem nationalen Dialog aufgerufen,
dessen Ergebnisse man abwarten muss. Einen Sturz der Regierung wird es
kaum geben, zu wichtig ist das Land für die USA im Kampf gegen Maduro im
Nachbarland Venezuela. Die kolumbianische Regierung hat sich längt
offen auf die Seite von Guaido gestellt, dessen Unterstützung in
Venezuela jedoch abnimmt.
Guaido ruft zwar immer wieder zu Demonstrationen auf, aber beim letzten Mal sind nur noch einige Hundert gekommen und das Militär unterstützt Maduro weiterhin. Der Putschversuch von Guaido ist offensichtlich gescheitert.
Wen
die Medien in Deutschland unterstützen, kann man sehr leicht erkennen.
In Chile gab es bereits hunderte Tote, auch in Bolivien. Darüber wird in
Deutschland zwar berichtet, aber es fehlt dabei Kritik an dem Vorgehen
der Polizei, vor allem in Bolivien. Im Iran hingegen, wo es kürzlich bei
Protesten ebenfalls zu Toten gekommen ist, klingen die Formulierungen anders. Dort wird von den „Befürchtungen“ berichtet, die Amnesty äußert:
„Nach Zahlen der iranischen Behörden wurden ein Demonstrant und vier
Sicherheitskräfte getötet, die Menschenrechtsorganisation Amnesty
International befürchtet hingegen, dass es allein unter den
Demonstranten mehr als hundert Todesopfer gegeben haben könnte.“
Während es in Bolivien
und Chile weit mehr Tote gegeben hat, auch nach offiziellen Angaben,
fehlen solche „Besorgnisse“ bei den Berichten über die Proteste in
diesen Ländern. Kein Wunder: In den Augen der Medien sind die
Putschisten in Bolivien und die neoliberale Regierung in Chile „die
Guten“. Deren Gewalt wird möglichst klein geredet. Der Iran ist hingegen
„der Böse“, dessen Gewalt weit dramatischer dargestellt wird, als sie
war.
Gewalt ist immer schlecht, aber wenn es sie gibt, sollte darüber auch objektiv berichtet werden und nicht so parteiisch, wie es die deutschen Medien tun.
Während die Medien in Deutschland groß über das
Amtsenthebungsverfahren gegen Trump berichten, verschweigen sie zwei
andere Untersuchungen, die in den USA laufen.
Während
des Wahlkampfes 2016, als die „Russland-Affäre“ erfunden wurde, wurde
mindestens ein Mitarbeiter von Trumps Wahlkampfteam vom FBI überwacht.
Es ging dabei um Carter Page, der Trumps außenpolitischer Berater war.
Der Vorwand für die Überwachung waren angebliche Russland-Kontakte von
Page.
Wie von der gesamten „Russland-Affäre“ blieb auch von den
Vorwürfen gegen Carter Page wegen seiner angeblichen Russland-Kontakte
nichts übrig. Seit dem Mueller-Bericht
ist bekannt, dass an all den Anschuldigungen gegen Trump und Russland
nichts dran war. Und nachdem das im April offiziell war, ging Trump in
die Offensive. Er forderte daraufhin Aufklärung darüber, wie es überhaupt zu den Mueller-Ermittlungen und auch zu der Bespitzelung seines Wahlkampfteams kommen konnte.
Das
Ausspionieren eines Wahlkampfteams ist ein Verbrechen, erst recht, wenn
der Staat den Kandidaten der Opposition ausspioniert. Wir erinnern und
an Watergate: damals hat Nixon Leute in das Büro des Wahlkampfteams
seines Gegners einbrechen lassen, um ihn auszuspionieren. 2016 brauchte
man dazu keinen Einbruch mehr, in unserer Zeit reicht es aus, Telefon
und Computer anzuzapfen und man hat mehr Informationen, als Nixon beim
Watergate-Skandal durch den Einbruch bekommen konnte. Es handelt sich
also um ernste Vorwürfe und es ist verständlich, dass Trump wissen
möchte, wie es dazu kommen konnte.
Es sind also inzwischen zwei Untersuchungen zur „Russland-Affäre“ im Gange,
die nicht in das Narrativ der deutschen Medien passen: Erstens die
staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zum Beginn der
Mueller-Untersuchung und zweitens eine interne Prüfung beim FBI, wie es
zur Überwachung von mindestens einem Mitarbeiter von Trumps
Wahlkampfteam kommen konnte. Aber haben Sie davon in den deutschen Medien etwas gehört?
Ich nicht, ich lese in den „Qualitätsmedien“ immer nur davon, dass die
Demokraten eine weiße Weste haben und dass Trump beim
Amtsenthebungsverfahren furchtbar unter Druck steht, dabei ist bei den
Anhörungen noch nicht einmal etwas belastbares zu Tage gekommen.
Am 9. Dezember soll der Bericht über die Untersuchung beim FBI veröffentlicht werden und es sickern erste Informationen durch. Trump selbst hat bei Fox gesagt,
der Bericht werde den „größten Skandal der Geschichte“ aufdecken. Trump
ist für seine mit Superlativen gespickten Kommentare bekannt, wir
sollten also erst einmal abwarten, was da tatsächlich drin stehen wird.
Erste Informationen sickern in den USA bereits durch. CNN hat berichtet, dass der Bericht Beweise enthält, dass ein FBI-Mitarbeiter Dokumente zur Überwachung von Carter Page gefälscht hat, es soll um mindestens eine Email gehen, die nachträglich verändert wurde. Mehr Details sind aber noch nicht bekannt.
Die Washington Post geht noch weiter. Sie will erfahren haben, dass der Bericht systematische Regelverstöße des FBI
bei der Überwachung von Page aufzeigt. Gleichzeitig soll es dabei
jedoch keine politische Komponente gegeben haben. Und auch die
Washington Post hat über gefälschte Unterlagen berichtet.
Die deutschen Medien verschweigen das alles. Anscheinend weil es nicht in das gewollte Narrativ passt. Jetzt müssen wir bis zum 9. Dezember abwarten, dann geht dieser Teil der Schlammschlacht in Washington in die nächste Runde.
AWO-„Mitarbeiter“ ohne Studienabschluss kassieren pro Jahr über 100.000 Euro.
imago images / Michael Schick
Peter Feldmann beim Festakt anlässlich des 100-jährigen Bestehens der AWO in Frankfurt
Der Hessische Rundfunk (ja der vormals so
genannte hessische Rotfunk) hat herausgekramt, wie skandalös üppig es
bei der Arbeiterwohlfahrt Frankfurt (AWO) zugeht. Zum Beispiel bei der
Vergütung für Frau Zübeyde Feldmann. Die ist nicht
irgendjemand, sondern die Gattin von Frankfurts Oberbürgermeister Peter
Feldmann (SPD). Als Kita-Leiterin erhält sie von der AWO eine Vergütung,
auf die man normalerweise 17 Jahre warten muss.
Frankfurter OB Feldmann, Ehefrau und die AWO-Frankfurt
Ein
33-Jähriger, der noch als Student an der evangelischen Hochschule in
Darmstadt eingeschrieben ist, kommt auf rund 100.000 Euro Jahresgehalt.
Zudem stellt die AWO ihm einen Dienstwagen zur Verfügung. „Qualifiziert“
hat er sich als Vorsitzender von „SPDqueer“ im Bezirk Hessen-Süd, der
AG Lesben und Schwulen in der SPD.
Ungewöhnlich ist auch die Behandlung, die Myrella Dorn bei der AWO
Frankfurt erfährt. Die frühere Frankfurter Juso-Sprecherin ist 30 Jahre
alt und SPD-Stadtverordnete im Römer. Auch sie ist noch Studentin. Sonst
hat sie nichts vorzuweisen. Noch bis Sommer 2019 führte der
Wohlfahrtsverband sie als studentische Mitarbeiterin. Dann kam der
Karrieresprung: Abteilungsleiterin in Vollzeit. Der AWO-Pressesprecher
weiß dazu: „Einer erfolgreichen Frau aus ihrem berufsbegleitenden
Studium und ihrem ehrenamtlichen Engagement fehlende Führungskompetenz
zu unterstellen, ist ebenfalls höchst diskriminierend.“
Aber ja doch, die AWO spricht von einer „unlauteren“ Kampagne. Haltet
den Dieb! Diese sozialistische Methode kennt man. Und nur mal zum
Vergleich: Ein junger Bundespolizist kommt im Jahr auf rund 30.000 Euro.
Nur: Was hat das mit Leistungsprinzip zu tun, was hat das mit Gemeinnützigkeit (!) zu tun? Was hat das mit Arbeiter(!)-Wohlfahrt(!) zu tun? Hier(!) sollte Finanzminister Genosse Olaf Scholz einmal hineinleuchten, anstatt Männerchören die Gemeinnützigkeit entziehen zu wollen. Aber offenbar strebt die SPD doch den Absturz auf unter zehn Prozent an. Da muss man doch retten, was noch zu retten ist.
Die riesigen Traktoren rattern zu Tausenden hupend durch Berlin, legen den Verkehr lahm. Sie wirken bedrohlich wie Kampfmaschinen. Die protestierende Landbevölkerung schreckt die Politik in ihrer Blase auf.
Eine solche massive Demonstration gab es schon lange nicht mehr. 8.600
Traktoren aus ganz Deutschland rollten laut Polizei nach Berlin und
sorgten für eine verstopfte Hauptstadt. Rund 40.000 Bürger reisten mit
Sonderzügen, Bussen und Flugzeugen aus ganz Deutschland an. Selbst jene
legendären Proteste der Bauern in Brüssel reichten nicht an diese
Großkundgebung heran. Die Vereinigung »Land schafft Verbindung« hatte zu
der Demonstration aufgerufen und zusammen mit der Polizei eine
gewaltige Organisationsleistung vollbracht.
Nase voll
Bauern demonstrieren in Berlin
»Es brennt überall!« rufen die Bauern und wollen sich nicht
mehr damit abspeisen lassen, dass all die vielen Wenden in Deutschland
»hart für uns werden« sollen. »Wir lassen uns das nicht mehr länger
bieten!« Die Existenz von vielen bäuerlichen Betrieben steht durch
unsinnige Gesetze und Verordnungen auf dem Spiel, die etablierten
Verbände kungeln mit der Politik und genießen nicht mehr das Vertrauen
der Bauern.
Anzeige
Immerhin
scheint die Politik aufgeschreckt. FDP-Chef Christian Lindner
marschierte zu den Bauern aufs Rednerpodest und war beeindruckt von der
schier unübersehbaren Heerschar der angereisten Bauern: »Was für ein
Bild!« Konkretes hatte er nicht zu verkünden außer:
»Es wird Zeit, dass mit den Landwirten gesprochen wird.« Lindner
wünscht sich mehr Rationalität. Doch er weiß zum Beispiel nichts zu den
Landfrauen zu sagen, die sich gegen das zunehmende Mobbing von
Bauernkindern wehren, wie diese es immer öfter aus den Schulen
berichten.
Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner kam aus dem Bundestag auf
das Rednerpodest und berichtete den Landwirten, dass gerade ein
Rekordhaushalt des Bundesagrarministeriums verabschiedet wurde. 6,7
Milliarden Euro stehen jetzt für die deutsche Landwirtschaft zur
Verfügung. Der soll den Umbruch in der Landwirtschaft begleiten und
Planungssicherheit und Perspektiven für die Landwirte schaffen. Das Geld
werde, so Klöckner, auch für die Absicherung der Landwirte bei
Krankheit im Alter und bei Unfällen benötigt. Für diese »agrarsoziale
Sicherung« stehen 4,1 Milliarden € bereit.
Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von Youtube angezeigt werden.
Doch mit immer neuen Geldgeschenken kann die Politik bei den
Landwirten kaum punkten. Die alten Zeiten, in denen
Landwirtschaftsminister ihrer Klientel freudig berichteten, wie viele
Millionen sie mehr bekommen, sind vorbei.
Das weiß Landwirtschaftsministerin Klöckner und versuchte, ihre
politischen Anstrengungen schmackhaft zu machen: »Sie sagen, ‚wir
brauchen kein Geld‘. Sie brauchen aber Geld, wenn sie Unfälle haben.«
Auch die Anreize, im Sinne des Klimapaketes zu handeln, sollen mit Geld
gefördert werden. »Wir Christdemokraten stehen an der Seite der
Landwirtschaft«, rief sie aus und erntete wütende Buhrufe.
Sie forderte immer wieder »mehr Ehrlichkeit«: »Meinen Sie, mir macht
das Spaß?« Der Ärger, den sie vor den wütenden Landwirten aushalten
musste, sei allerdings eingepreist, meinte sie wohl im Hinblick auf ihr
Gehalt. »Wir haben dafür gekämpft, dass wir Sie unterstützen können!«
betont sie immer wieder und glaubt: »Die Debatte mit den Verbrauchern
werden wir nicht gewinnen.« Also müssten sich die Bauern an die
Realitäten anpassen und dafür wenigstens Geld erhalten.
Ebenso sieht sie Deutschland in einer schwächeren Position gegenüber
der EU: »Ich kann Ihnen auch sagen, dass die EU die Geduld mit uns
verloren hat.« Immerhin sei die Düngeverordnung 2017 verschärft worden,
und Deutschland halte nicht die Nitratgrenzwerte ein. Das wiederum macht
die Landwirte wütend. Sie weisen auf den Nitratmesswerte-Schwindel hin.
Eine Bäuerin hatte zuvor in ihrer Rede das Beispiel ihres Bauernhofes
angeführt. Dort lägen die Messwerte für Nitrat in ihrem Hausbrunnen »im
nicht messbaren Bereich«, sagt sie und fährt empört fort: »Trotzdem
liegen wir im roten Bereich, doch die Messstelle liegt mehrere Kilometer
weit entfernt von uns.«
Klöckner kennt die Auseinandersetzungen um die Nitratgehalte im
Grundwasser: »Dafür sind die Länder zuständig.« Sie führt jenen Ausweg
an, der immer häufiger aus der Landwirtschaftspolitik zu vernehmen ist,
die Binnendifferenzierung. Mit dieser Methode sollen Gebiete von der
verschärften Düngerichtlinie ausgenommen werden können, in denen nicht
mehr als 37,5 mg Nitrat je Liter und auch kein Anstieg der Werte um mehr
als 50 mg pro Liter gemessen werden. Mit solcherlei Feinheiten hofft
die Landwirtschaftsministerin, die Kuh wenigstens teilweise vom Eis zu
bekommen, die ihr Bundesumweltministerium und angrenzende NGOs über
Brüsseler Politikbande gelegt haben.
Deutschland bemühe sich, möglichst hohe Nitratmesswerte nach Brüssel
zu melden, sodass die EU-Kommission kaum anders konnte, als Deutschland
zu rügen. Ein Verfahren, das aus der Diskussion um Diesel und
Benzinfahrzeuge her bestens bekannt ist.
Klöckner zu den Bauern: »Ich biete Ihnen den Dialog an!« Sie lud zu
einem Treffen mit der Bundeskanzlerin am 2. Dezember ein. Drei Stunden
Zeit habe sich die Bundeskanzlerin dafür genommen, berichtet sie: »40
Verbände aus der Landwirtschaft sollen darüber reden, was Sie umtreibt.«
Ein Bauer rechnete sich gleich die geringe Redezeit aus, die ihm
verbleibe.
Im Januar soll dann ein »Nationales Dialogforum« ins Leben gerufen
werden, in dem Umweltverbände und Verbraucher mit Landwirten über
Zielkonflikte reden sollen. Sie erinnert weiterhin daran, dass es früher
einmal mit der damaligen cma eine Marketinggesellschaft für die
Agrarwirtschaft gegeben habe, die imagebildend für die Landwirtschaft
sein sollte. Doch die haben die Landwirte weggeklagt. Informationen über
Landwirtschaft gebe es seitdem kaum noch.
Klöckner weist auf diejenigen Gruppen hin, die im Januar anlässlich
der Grünen Woche wieder wie gewohnt rufen: »Wir haben es satt!« Klöckner
weiter: »Und dann gibt es euch, die rufen ‚wir machen euch satt‘.«
Klöckner sucht den Kompromiss: »Alle mit ins Boot holen!« Sie weiss
auch, dass Landwirte Kritik an ihren Verbänden üben und fordert auf:
»Lassen Sie sich nicht spalten.«
Sie berichtet von einer neuen Richtlinie für den Handel, mit der mehr
Fairness im Umgang mit Bauern gepflegt und unlautere Handelspraktiken
beendet werden sollen. Sie führt das Beispiel eines landwirtschaftlichen
Betriebes an, der Kopfsalat produziert: »Die bekommen vom Handel abends
gesagt, wir brauchen morgen um fünf Uhr 30 Paletten Kopfsalat, um fünf
Uhr liefern, und um vier Uhr morgens kommt das Fax, wir brauchen nur 15
Paletten!«
»Die anderen 15 Paletten kann der wegschmeißen.« Nur habe der heute
keine Chance, dagegen etwas zu tun, weil er sonst ausgelistet wird. Da
traue sich kein Landwirt dran. »Wir haben eine Richtlinie, für die wir
auf europäischer Ebene gekämpft haben, die werden wir eins zu eins
umsetzen, damit diese unlauteren und unfairen Handelspraktiken gegenüber
Bauern nicht mehr stattfinden können.« Schwacher Beifall der
Bauern. Deutlich wird, dass sich die CDU erhebliche Sorgen darüber
macht, dass die Bauern bei der Stange bleiben und nicht zur AfD
abwandern.
Sicher ist eins: Bundesumweltministerin Svenja Schulze von der SPD
wird keine Freunde unter den Landwirten finden. Sie wurde gnadenlos
ausgebuht. Die Bauern wissen, dass die Bundesumweltministerin eine der
Hauptbetreiberinnen jener katastrophalen Grenzwertepolitik ist, über die
die Bauern an die Wand gespielt werden sollen. Sie verließ das
Rednerpodium und twitterte später: »Es war mir wichtig, persönlich auf
der #Bauerndemo zu sprechen. Ich bin bereit zum Dialog – erwarte
Dialogbereitschaft aber auch von der anderen Seite. Denn: Bei
Herausforderungen wie Nitratbelastung oder Artenschwund müssen wir
miteinander, nicht gegeneinander arbeiten!«
Wie wenig Miteinander möglich ist, ließen die Kiddies von »Forest For
Future Berlin« (Nein kein Schreibfehler, die gibt es auch) erkennen:
»Danke Frau Schulze, sie gehen dahin wo es weh tut! ✊💚 Respekt! Dieser
Industrie-Bauernprotest ist eine Ohrfeige für die Umwelt. Aber zum Glück
haben viele Menschen die industrielle Lebensmittelproduktion in diesem
Land satt! #wirhabenessatt.«
Werden von einer satten Gesellschaft noch die Aufrufe der Bauern
gehört? »Wir Landwirte sorgen für ihr Essen. Wer mit Kritik nicht
umgehen kann, gehört nicht in die Politik«, so ein Landwirt.
Das lassen sie sich erkennbar immer weniger gefallen. Eine der Organisationen am Schluss zu den Bauern: »Einen schönen Heimweg und bis zum nächsten Mal – vielleicht.«
Thomas de Maizières erste Lesung in Göttingen wurde von Linksradikalen verhindert. Jetzt wurde vor dem zweiten Versuch das Gebäude angezündet. Ein Bekennerschreiben offenbart nach Urteil der Polizei: Linksterrorismus.
Man versteht nicht recht, warum die Wut ausgerechnet auf Thomas de
Maizière so groß ist. Haben die ganz offensichtlich linksextrem
motivierten Täter, die schon vor einigen Taten eine Lesung des früheren
Bundesinnenminister verhinderten, und nun jene, die kurzerhand das
Veranstaltungsgebäude in Göttingen anzündeten, nicht mitbekommen, was de
Maizière in seinem Ministeramt getan hat?
Immerhin gehörte de Maizière 2015 zu jenem engeren Kreis der
Regierenden um Angela Merkel, die dafür sorgten, dass Deutschland die
Grenzen nicht für Asyleinwanderer schloss. Da hat sich offenbar nicht
bis zu den Tätern von Göttingen herumgesprochen. In einem der taz vorliegenden Bekennerschreiben steht:
„Die Politik von Politikern wie Thomas de Maizière ist eine mörderische
Politik.“ Er stehe für ein „menschenverachtendes System“, in dem
täglich Menschen zu Tode kommen: „Im Mittelmeer durch unterlassene und
behinderte Seenotrettung, an den Grenzen der Festung Europa“ oder durch
deutsche Waffenlieferungen an die „faschistische Türkei“. De Maizière
sei außerdem verantwortlich für Verbote von kurdischen Vereinen sowie
linken Medienplattformen.
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Der Polizeipräsident von Göttingen, so die taz weiter, sprach von „Linksterrorismus“. Bei der Lesung selbst werden wieder Proteste erwartet.
Wieder traurige Nachrichten aus Deutschlands wichtigster Industriebranche. Audi kürzt im Dienste der Elektromobilität seine Belegschaft zusammen.
Die VW-Tochter Audi wird 9500 Stellen bis zum Jahr 2025 streichen,
wie das Handelsblatt meldet. Der Stellenabbau soll nach Angaben des
Konzerns sozialverträglich und ohne betriebsbedingte Kündigungen
vonstatten gehen. Die verbleibenden 50.000 Beschäftigten in den
deutschen Stammwerken Ingolstadt und Neckarsulm sollen eine
Beschäftigungsgarantie bis Ende 2029 erhalten. Für die Betroffenen
dürfte es wenig tröstend sein, dass im Gegenzug 2000 Stellen vor allem
in den Bereichen Elektromobilität und Digitalisierung neu geschaffen
werden.
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Besonders
überraschend ist die Nachricht nicht: Die Führung des kriselnden
Unternehmens hatte seit längerem mit dem Betriebsrat über einen so
genannten „Zukunftspakt“ verhandelt. Die Stellenstreichung ist offenbar
das Ergebnis.
Audi leidet mehr als andere Auto-Unternehmen an den gegenwärtigen Problemen der Branche. Es ist besonders vom Diesel-Skandal seit 2015 betroffen und hat Marktanteile gegenüber den Hauptkonkurrenten Daimler und BMW verloren. Wie die Konzern-Schwester VW will Audi jetzt noch viel stärker auf Elektromobilität setzen. Bis 2025 soll es 30 E-Modelle geben. Und für die braucht man weniger Mitarbeiter als für die Produktion von Verbrennern
Die Islam-Expertin Professor Schröter führt klar und faktengesichert in den politischen Islam ein, schildert seine Ursprünge, seinen weltweiten Siegeszug und seine diversen Ausprägungen. Deutschland bleibt dabei Schwerpunkt ihres Buches. Es ist in seiner Schonungslosigkeit unbedingt lesenswert.
Die Mehrheit der Deutschen glaubt, der Islam gehöre nicht zu
Deutschland“ – so leitet die Frankfurter Professorin Susanne Schröter
ihr Buch „Politischer Islam. Stresstest für Deutschland“
ein. Es ist ein Paukenschlag und eine Ohrfeige für die offizielle
Politik: Schließlich hat Angela Merkel die Erklärung Horst Seehofers
„Der Islam gehört nicht zu Deutschland“ zurückgewiesen und die Formel
„Der Islam gehört zu Deutschland“ von Christian Wulff als
Bundespräsident wieder zur Leitlinie der offiziellen Politik gemacht.
Die zuletzt durch Seehofer ausgelöste Debatte hält auf
gesellschaftlicher und politischer Ebene an, wenn auch wegen des Risikos
einer Diffamierung nicht immer öffentlich; bekanntlich ist auch
Seehofer nach seiner Zurechtweisung folgsam und schweigsam. Dieses Buch
folgt mit einer grundlegenden Analyse – auch Schröter sollte zum
Schweigen gebracht werden. Es ist nicht gelungen.
Die Ethnologin Susanne Schröter leitet das Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam (FFGI) und ist Mitbegründerin der Initiative säkularer Islam.
Ihre Forschungen, ihr Engagement und ihre demokratische Grundhaltung
machen sie zu einer der wichtigsten und hörenswertesten Stimmen gegen
den politischen Islam. Sie zählt zu den wenigen Mutigen, die sich nicht
von Gegnern und Angriffen einschüchtern lassen – was auch ihr jüngstes
Buch wieder beweist. Sie bekam selbst den „Stresstest für Deutschland“
zu spüren, als sie im Mai mit einer Kopftuchkonferenz eine Debatte über Rassismus auslöste, Studenten sie als Rechtspopulistin und Rassistin beschimpften plus ihre Absetzung forderten.
Unvermögen und Überforderung
Ihr Buch beginnt mit der Feststellung, dass die Mehrheit in
Deutschland den Islam zu Recht negativ bewertet: Er wird mit Gewalt,
Unterdrückung von Frauen und der Ablehnung westlicher Werte assoziiert.
Hauptgründe sind terroristische Aktivitäten und eine Distanz vieler
Muslime zur deutschen Gesellschaft – was sich z.B in
Jubelveranstaltungen für Erdogan, Bekenntnissen zur Scharia oder
aggressivem Einfordern von Sonderrechten äußert. Vorfälle in Schulen
oder Universitäten, etwa Respektlosigkeit gegenüber Frauen, religiöses
Mobbing oder Versuche, islamische Normen durchzusetzen, steigern sich.
Laut Schröter resultieren solche Probleme „aus dem Erstarken des
politischen Islam“. Die Autorin weist daraufhin, dass unsere
Gesellschaft von Unvermögen und Überforderung betroffen ist: dem
„Unvermögen, zwischen einem politischen und anderen Spielarten des Islam
zu unterscheiden“ und der Überforderung, aufgrund fehlenden Wissens,
Situationen einzuschätzen oder neue Handlungsstrategien zu entwickeln.
Nicht nur der normale Bürger, sondern alle, die mit den Problemen
konfrontiert werden, sind davon betroffen: Lehrer, Sozialarbeiter,
Ehrenamtliche, Polizei, Mitarbeiter in Behörden und Ministerien,
Angehörige der Justiz und nicht zuletzt Politiker. „Unbestreitbar
ist weiterhin, dass so manche islamische Vereinigung als respektabler
Partner von Politik und Zivilgesellschaft gefeiert, von ausländischen
Islamisten finanziert und gesteuert wird.“
Schule als Konfliktzone
„Die wichtigste Konfliktzone ist zurzeit die Schule“, schreibt
Schröter, die an Schulen mit hohen Migrantenanteil Feldforschung
betrieb, indem sie Schulleiterinnen und Lehrerinnen interviewte. So
gelingt es ihr, anhand von relevanten Fallbeispielen interessante
Details zu Problemen preiszugeben. Zu den häufigsten zählen
Respektlosigkeit, physische und sexistische Angriffe gegenüber
Lehrkräften sowie eine verbale und gewalttätige Deutschenfeindlichkeit.
Schröter verweist darauf, dass muslimische Schüler über ein
Überlegenheitsgefühl ihrer Herkunftskultur und ein Ablehnen der Kultur
der Mehrheitsgesellschaft verfügen. Ihre eigenen Normen würden sie
absolut setzten.
Keine faulen Kompromisse machen
Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren per Gesetz durchsetzen
„Die Vorstellung als Muslime per se besser zu sein, rechtfertige auch
einen abgründigen Sexismus gegenüber deutschen Mädchen.“ Des Weiteren
zeigt Schröter auf, wie der radikale Islam bereits im Grundschulalter
das Verhalten muslimischer Kinder beeinflusst: schon im ersten Schuljahr
trügen einige Mädchen ein Kopftuch, fehlten beim Schwimmunterricht oder
sehr junge Mädchen würden im Ramadan fasten; Christ zu sein gelte unter
muslimischen Schülern als Makel.
Verharmlosung und Umkehrung der Wahrheit
Die Autorin greift vergangene Fälle neu auf, zeigt an
diesen wie brennende Probleme verharmlost und sogar tabuisiert wurden.
Ein Beispiel: Bei der GEW-Tagung „Der Streit um die sogenannte
Deutschenfeindlichkeit“ in Berlin 2010 wagte nur eine Schulleiterin ihre
Erfahrungen zu schildern. Diese beinhaltete, dass türkisch- oder
arabischstämmige Schüler bildungsfern und bildungsunwillig seien, dass
der Unterricht boykottiert werde und leistungsbereite Schüler gemobbt
würden. „Deutsche Kinder müssten sich ‚unsichtbar‘ machen, um
unbehelligt zu bleiben. Beschimpfungen und Drohungen seien auf dem
Schulhof gang und gäbe (…)“
Doch die Gewerkschaftler taten sich schwer mit den Schilderungen. „Dass
arabisch- und türkischstämmige Schüler deutsche Schüler aus
rassistischen Motiven mobbten, passte nicht ins linke Weltbild.“
Schröter zufolge, wurden Begriffe wie „Deutschenfeindlichkeit“
vermieden, Wahrheiten verdreht und eine Erziehungswissenschaftlerin habe
die Überforderungen von Lehrerinnen als „Islamophobie“ abgetan. „Statt
gegen die faktisch evidente Deutschenfeindlichkeit empörte man sich
gegen einen angeblich ‚wachsenden antimuslimischen Rassismus‘“.
Die Ethnologin demonstriert das Unvermögen in unserer Gesellschaft
mit dem politischen Islam umzugehen. Mit jedem Beispiel wird deutlicher,
wie Themen verharmlost, verdreht und tabuisiert werden, wie sich die
Situation an Schulen so verschlechtern konnte, wie es gegenwärtig der
Fall ist. Ernüchternd das Fazit von befragten Lehrkräften an Schulen mit
hohem Ausländeranteil: Die Mehrheit hat das „pädagogische Ziel
Integration“ aufgegeben.
Flüchtlinge und islamischer Extremismus
Auch der islamische Extremismus bei Geflüchteten gehört zu den
behandelten „Konfliktzonen“. Professorin Schröter schildert, wie seit
2015 – nachdem Hunderttausende in Deutschland ankamen – die Situation
von Salafisten ausgenutzt wurde. Hassprediger wie Pierre Vogel riefen im
Internet explizit dazu auf, Flüchtlingsunterkünfte ausfindig zu machen;
das Ziel: Geflüchtete für sich zu gewinnen. Die Autorin veranschaulicht
die Vorgehensweise und die Strategien der Extremisten zur gezielten
Rekrutierung von Flüchtlingen. Gleichzeitig erklärt sie, dass gar nicht
verhindert werden kann, dass Geflüchtete salafistisch geprägte Moscheen
aufsuchen. Die absurde Realität: Flüchtlingsheime werden neben radikalen
Moscheen gebaut und eine abgeschottete Welt des Islam entsteht ohne
Bezug zu Deutschland.
„Wer nach der Flucht Anschluss an eine ethnisch organisierte
Parallelgesellschaft gefunden hat, wird wenig motiviert sein, sich mit
der fremden Gesellschaft auseinanderzusetzen (…) Aus diesem Grund sind
Integrationsprojekte mit Moscheen und muslimischen Vereinigungen, deren
Mitglieder selbst oft schlecht integriert sind, keine sinnvolle
Maßnahme. Wenn diese Moscheen und Vereine dazu noch islamistisch
ausgerichtet sind, dann wird vom ersten Tag an Skepsis, Angst oder sogar
Feindschaft gegenüber der deutschen Bevölkerung vermittelt.“
Überaus spannend fallen auch die Ergebnisse ihrer medienanalytischen
Untersuchungen aus: so erhärten die Social-Media-Seiten von IS-Anhängern
den Eindruck, dass viele Asylbewerber weder der Demokratie noch der
Rechtsstaatlichkeit wegen nach Deutschland kommen.Aus
Schröters Analyse drängt sich die Schlussfolgerung auf: Vielfach wird
der radikale Islam unter dem Deckmantel der Flucht importiert mit dem
Ziel, ihn zum Herrschaftssystem auszubauen, das politische und
gesellschaftliche System Deutschlands zu zerstören.
Versagen deutscher Islampolitik
TE empfiehlt: Durchblick schenken!
Die unheilige Familie
Im letzten Kapitel bringt die Autorin das Versagen der deutschen Politik
auf den Punkt. Gleichzeitig findet das Unverständnis des Lesers
gegenüber der Politik hier seinen absoluten Höhepunkt. Schröter spricht
Klartext, zeigt auf, mit welch simplen Methoden bereits Kinder mit der
Vorstellungswelt des fundamentalistischen Islam indoktriniert werden.
Sie beschreibt, wie Salafisten subkulturelle Strukturen aufgebaut haben,
vom Internetversandhandel über Medienunternehmen, von gastronomischen
Betrieben bis hin zu Fitnessstudios. „Es ist unwahrscheinlich,
dass diese Subkultur schnell verschwinden wird, zumal sie nach dem
militärischen Sieg über den IS durch Rückkehrer verstärkt wird, die den
sogenannten ‚Islamischen Staat‘ zum Mythos verklären.“
Die Ethnologin erklärt, wieso auf bundes-, länder-, und kommunaler
Ebene Kooperationen zwischen Akteuren des politischen Islam entstehen
konnten und weshalb diese ein Mitspracherecht bei Fragen der
gesellschaftlichen Gestaltung erhielten. „Staatlichen und
nichtstaatlichen Akteuren fehlt oft das Wissen, um zu erkennen, mit wem
sie kooperieren, und so arbeiten sie den Extremisten in die Hände.“ Schröter
veranschaulicht hier eine Blindheit der Politiker, die späten
Einsichten und vor allem: Aus Fehlern wird nicht gelernt. Besonders die
Kooperationen ziehen integrationshinderliche Folgen mit sich und würden
unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden. „Statt
Zuwanderern einen guten Zugang in den bundesdeutschen Alltag zu ebnen,
bietet man ihnen dadurch lediglich die Aufnahme in ein Paralleluniversum
an (…)“
Doch nicht nur wer wissen will, wie „der Prozess der Anerkennung des
politischen Islam“ anfing, um welche Kooperationen es sich konkret
handelt oder wie Erdogan durch die DITIB versucht, antidemokratische
Politik in Deutschland durchzuexerzieren, kommt an diesem Buch nicht
vorbei: die Islam-Expertin führt klar und faktengesichert in den
politischen Islam ein, schildert seine Ursprünge, seinen weltweiten
Siegeszug und seine diversen Ausprägungen. Der Schwerpunkt bleibt dabei
Deutschland, als Operationsgebiet der Muslimbruderschaft, bei der
Betrachtung des türkischen Islamismus oder dem Einfluss des iranischen
Mullahs.
So schafft Susanne Schröter es, die relevantesten Themen des
politischen Islams in ein Buch zu packen und lässt dabei
selbstverständlich auch den Kopftuchstreit nicht aus. Ihre
unterschiedlichen Arbeitsmethoden – die ihre Erkenntnisse so spannend
machen – erschweren keineswegs Schröters Klarheit in Inhalt und Sprache.
Ihr neues Buch ist imstande, Unvermögen oder Überforderung zu
kompensieren. Sie rollt die Fälle neu auf, analysiert die deutschen
Pannen und sagt deutlich, was sich ändern muss. Mit diesem Buch trägt
Schröter dazu bei aufzuklären, zu Diskursen aufzurufen und damit dem
Stresstest in Deutschland eine Chance zum Bestehen zu geben – für einen
liberalen und säkularen Islam. Es ist in seiner Schonungslosigkeit
unbedingt lesenswert.
Empfohlen von Tichys Einblick. Erhältlich im Tichys Einblick Shop >>>
Eine Zeitung verbreitet Fake News über Dieter Nuhr – und dutzende andere plappern nach. Der Fall zeigt: das deutsche Pressesystem steckt in einer tiefen selbstverschuldeten Krise.
Geht ein Redakteur der „Kieler Nachrichten“ ins Kabarett,
versteht den Mann auf der Bühne nicht so richtig, und schreibt trotzdem
einen Artikel. So beginnt kein Witz. Sondern eine Dramödie über den
Zustand der Presse in Deutschland. Sie beginnt damit, dass ein
Mitarbeiter der „Kieler Nachrichten“ am vergangenen Samstag
Nuhrs Auftritt in der Kieler Sparkassenarena besuchte und anschließend
eine Rezension für die Online-Ausgabe der Zeitung verfasste. Darin
beschreibt er, wie Nuhr ausführt, er glaube, dass die Forderung von
Greta Thunberg und ihren Anhängern, wenn sie tatsächlich so verwirklicht
würden, Menschenleben kosten könnten. Um dann Nuhr zu zitieren: „Aber was sind schon Menschenleben, wenn es um die große Sache geht?“
Indirekt, meint der Rezensent, habe der Comedian damit Greta Thunberg
mit Hitler und Stalin verglichen. Ohne allerdings einen entsprechendem
Satz Nuhrs als Beleg zu zitieren. Denn diesen Satz gibt es nicht. Der
Thunberg-Hitler-Stalin-Vergleich fand nur im Kopf des Journalisten der „Kieler Nachrichten“ statt.
Dessen Artikel, eher ein unbeholfen formulierter politischer
Kommentar mit viel Haltung als eine Rezension, platzierte die Zeitung
in ihre Online-Ausgabe, und dort hinter die Bezahlschranke. Ein
Mitarbeiter des „Redaktions-Netzwerks Deutschland“ (RND) verwertete den
Text weiter, ohne dass sich dort jemand gefragt hätte, warum die „Kieler Nachrichten“
für den spektakulären Vorwurf gegen Nuhr kein einziges entsprechendes
Zitat geliefert hatten. Für einen journalistischen Ohrenzeugen des
Auftritts wäre das ja ein Leichtes gewesen, vorausgesetzt, Nuhr hätte
den Vergleich tatsächlich gezogen.
Beim RND handelt es sich um einen Lieferanten konfektionierter
Medieninhalte. Es gehört zu Madsack, einem Unternehmen, dessen
Mehrheitsgesellschafter wiederum die DDVG ist, die Medienholding der
SPD, der auch die „Kieler Nachrichten“ gehört. Das
Redaktionsnetzwerk liefert nach eigenen Angaben redaktionelle Inhalte an
mehr als 50 Tageszeitungen. Dafür, dass derart viele Zeitungen, die
sich eigentlich voneinander unterscheiden wollen, vorgefertigte Texte
von ein und demselben Anbieter beziehen, gibt es einen simplen Grund:
die heruntergesparten Redaktionen vieler Blätter können sich keine
eigene Recherche leisten. Auch keine Nachrecherche. Was einmal bei RND
steht, rutscht also mehr oder weniger automatisch in zig andere
Zeitungsausgaben und Online-Artikel. Bei RND heißt es am 24. November:
Anzeige
„Comedian Dieter Nuhr vergleicht Greta Thunberg mit Hitler und Stalin“
Das Netzwerk teasert den Scoop mit drei Bullet-Points an:
„Die junge Klimaaktivistin Greta Thunberg scheint das Lieblingsopfer von Dieter Nuhr zu sein.
Nun hat der Comedian mit einer heftigen Analogie nachgelegt.
Er verglich die Schwedin auf gewisse Weise mit den Diktatoren Stalin und Hitler.“
Nun ja: auf gewisse Weise. Auf gewisse und sogar auf jede Weise ist das Bullshit. Und der liest sich dann so:
„Bei einem Auftritt in Kiel hat Nuhr nun noch mal nachgelegt, wie
die „Kieler Nachrichten“ berichten. Dabei soll er Greta sogar indirekt
mit den Diktatoren Hitler und Stalin verglichen haben. So sagte Nuhr, bevor er loslegte, dass er nicht den Menschen Greta
angreife, sondern die Institution und die Hysterie ihrer Anhänger.
Gretas Fundamentalismus würde mehr Not und Elend verursachen als der
Kampf gegen den Klimawandel durch Forschung und Innovationen, zitieren
die ‚KN# Nuhr. Offenbar meinte Nuhr damit, dass Gretas Forderungen das
Zeug hätten, die wirtschaftlichen Grundlagen der Menschheit zu
zerstören: Der globale Warenverkehr und damit der Wohlstand sei einer
der Hauptverantwortlichen für hohe CO₂-Emissionen. Falle der weg, stelle
sich die Frage, wie viele Menschen man regional ernähren könne. Weiter soll der Comedian gesagt haben: ‚Aber was sind schon
Menschenleben, wenn es um die große Sache geht?’ In der Konsequenz würde
man da sogar an Hitler oder Stalin denken können.“
Offenbar soll er indirekt.
Für eine Reihe von Medien, die sich aus dem Konjunktivschaum
bedienen, reicht das nicht. Das Ganze muss noch mit einer Kommentierung
angereichert werden. Also schreibt die „Berliner Morgenpost“ in ihrer Headline: „Dieter Nuhr: Gretas Methoden erinnern an Hitlers Prinzip“.
Und weiter: „Ist Gretas System zur Vermeidung der Klimakrise mit
Meinungs-Fundamentalismus von Hitler vergleichbar? Dieter Nuhr glaubt
das offenbar.“
„Hitlers Prinzip“ war also im Wesentlichen „Meinungsfundamentalismus“.
Ein Glück eigentlich und überhaupt, dass nicht auch noch die Forschung
zum Nationalsozialismus in den Händen von Qualitätsjournalisten liegt,
die schon an der Wiedergabe einer Bühnenveranstaltung in Kiel
hoffnungslos scheitern. Und: was sind eigentlich „Gretas Methoden“?
Die „Hamburger Morgenpost“ veröffentlicht einen längeren Kommentar, eine Art Generalabrechnung mit dem Gretahasser Nuhr mit Material aus zweiter Hand: „Schon mehrfach riss Dieter Nuhr (58) Witze über Umweltaktivistin
Greta Thunberg (16). Doch jetzt hat der Comedian bei einem Auftritt in
Kiel den Bogen überspannt. Vor Live-Publikum verglich Nuhr die
Radikalität der 16-Jährigen mit den Folgen der Ideologien von Stalin und
Hitler. Nach Informationen der ‚Kieler Nachrichten’ sagte Dieter Nuhr bei
seinem Auftritt in der Sparkassen-Arena in Kiel, dass Gretas
Fundamentalismus mehr Not und Elend verursachen würde, als der Kampf
gegen den Klimawandel durch die Forschung. ‚Aber was sind schon
Menschenleben, wenn es um die große Sache geht?’, wird der Komiker
zitiert. Nach seinem Hitler-Vergleich ruderte Nuhr dann offenbar doch nochmal
zurück. Er sei auch für eine saubere Umwelt, nur solle man nicht immer
alles verbieten, sondern die Entwicklung fördern. Aber war dafür
wirklich ein Vergleich einer 16-Jährigen mit zwei grausamen Diktatoren
nötig? Wie die Zuschauer auf den ‚Scherz’ reagiert haben, ist nicht
überliefert.“
Nicht nur das ist nicht überliefert, mit der Überlieferung steht es generell schlecht.
Als sich am Dienstag Nuhr auf Facebook meldet und darauf hinweist, er habe Thunberg weder direkt noch indirekt noch Andeutungseise mit Hitler/Stalin verglichen („Ich
habe Greta nicht mit der Ideologie Hitlers oder Stalins in Verbindung
gebracht. Dies wäre völlig irrsinnig. Andere Zeitungen schreiben die
gezielten Falschinformationen der Kieler Nachrichten, die erkennbar dem
Ziel größtmöglicher Aufmerksamkeit und damit erhöhter Klickzahlen
dienen, kritiklos ab“), als sich nun offenbar etwas Zweifel bei
manchen Medien breit macht, kommen Redakteure auf eine Idee: Die
Behauptung lässt sich doch problemlos weiterverbreiten beziehungsweise,
wie es im Branchenjargon heißt, „weiterdrehen“, wenn man einfach ein Fragezeichen hinter den nie belegte Vorwurf pappt. Also textet „Focus Online“: „Klimaaktivistin mit Hitler verglichen? Gingen Greta-Witze zu weit? Nun wehrt sich Dieter Nuhr: ‚Völlig irrsinnig’.“
Tja, völlig irrsinnig. Das muss der „Journalismus der Verlage“ sein, von der Burda-Vorstand Philipp Welte spricht: „Eine
stabile Gesellschaft funktioniert auf * verlässlichem Wissen. Und
dieses verlässliche Wissen kommt aus den Redaktionen der Verlage.“
Auch der „Merkur“ erkennt in seinem Artikel am 26. November die salvierende Macht des Fragezeichens: “Merkur Greta Thunberg wie Hitler? Nuhr wehrt sich gegen schwere Anschuldigung – ARD reagiert.“
Aus einer freidrehenden Erfindung wird schnell eine „schwere Anschuldigung“. Und eine Fake News kann, sobald das krumme Satzschlusszeichen dahinter steht, noch ein paar Bahnen ziehen.
Warum reagiert eigentlich die ARD? Und vor allem: worauf? Die Saga „Nuhr vergleicht Thunberg mit Hitler/Stalin“
hat mittlerweile auch die Twittersphäre erreicht. Bekanntlich gilt es
medial als Relevanznachweis, wenn jemand bei Twitter (irgendjemand,
notfalls der stellvertretende Schwippcousin des Redakteurs) irgendetwas
auf dem Kurznachrichtendienst meint. Ein gewisser Andreas Stein
jedenfalls twitterte: „Wenn diese Hitler- und Stalinaussagen stimmen, kann man Dieter
#Nuhr nur als Arschloch bezeichnen. Es wäre wohl der Höhepunkt seines
verachtenden Geschwafels. @dasErste : Wann schmeißt ihr diesen unglaublich dümmlichen Kasper endlich aus dem Programm?“
Da! Das Netz fordert den TV-Rausschmiss von Nuhr! Das nimmt die Erregungsabgreif-Plattform „watson“ zum
Anlass, beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) nachzufragen, ob er
nicht die Sendung „Nuhr im Ersten“ absetzen will. Will er nicht. Aber
auch das erzeugt wieder eine relevante Meldung: ARD hält an Nuhr fest!
Trotz Kritik!
So einfach lassen die Medien die Geschichte nicht aus den Zähnen,
ungefähr so, wie sie seinerzeit auch die Sache mit der Hetzjagd in
Chemnitz (beziehungsweise: „Hetzjagden“ – A. Merkel) nicht fahren
ließen, eine Darstellung, die sich seinerzeit auf ein aus dem Netz gefischten 19-Sekunden-Video stützte, das keine Hetzjagd zeigte.
Auch bei Nuhr/Thunberg/Hitler/Stalin stimmt halt nur das Faktische
nicht – aber sonst eben alles. Vor allem die Konstellation: alter weißer
reaktionärer Mann (mal 58, mal 59) gegen junge weise Frau (16).
Skandal, Erregung, Hüttler mittemang, außerdem sind auch noch mehrere
andere Prominente verwickelt. Die Geschichte trendet, wie es unter
Fachleuten heißt.
In der DDR gab es so genannte Sekundärrohstofferfassungsstellen,
abgekürzt Sero. Dorthin brachten Jungpioniere leere Flaschen und alte
Zeitungen zur Wiederverwertung, eine an sich vorbildlich nachhaltige
Praxis. Die Rolle der Sekundärrohstoffsammelstellen im reifen
Spätmerkelismus haben heute die Qualitätsmedien inne. Zu einem
vorgefertigten und an personell ausgedünnte Zeitungen weitergepumpten
Stück, das wiederum ausschließlich auf einem ausgeschlachteten
Provinzzeitungstext beruht, kommen noch ein paar zusammengekehrte
Tweets, also durchweg Sekundär- beziehungsweise Tertiärmaterial, das
noch einmal aufgearbeitet, in Form gepresst und als fast neu in den
Erregungskreislauf geschickt wird.
Im Lauf des Dienstag dringt dann in mehreren Redaktionen die
Erkenntnis durch, dass der Beleg für den großen Greta-Hitler-Vergleich
(Uncle Joe war bei den meisten schon hinten runtergefallen, der Begriff
„Stalin-Vergleich“ hat sich nie recht durchsetzen können), dass die
Greta-Hüttler-Sache jedenfalls doch nicht so ganz wasserhosenfest war.
Und als nun die Zeit gekommen war, den Quatsch der Woche abzumoderieren,
ein jeder in seiner Stadt, begab sich auch ein Redakteur der stern.de-Redaktion an die Tastatur:
„Doch vielleicht gehen all die Empörten dem Comedian auf den Leim
und verhalten sich genau so, wie der es wünscht. Denn seit der
59-Jährige gemerkt hat, dass er mit kalkulierten Provokationen gegen die
junge Schwedin Aufmerksamkeit erzeugt, spielt er diese Karte immer
wieder. Mehrfach in seiner Sendung ‚Nuhr im Ersten’, nun auch auf seinen
Liveauftritten. Vielleicht ist das Reiten auf der Greta-Welle einfach ein Zeichen
dafür, dass Nuhr derzeit wenig anderes einfällt. Oder kennt irgendjemand
andere Themen, über die der Comedian in letzter Zeit gesprochen hat? Es ist ganz einfach: Je mehr Leute über seine Sprüche öffentlich
ereifern, desto länger wird er diese Masche durchziehen und seine
Ideenlosigkeit kaschieren. Die einzig angemessene Reaktion darauf wäre
aber, ihn zu ignorieren. Dann sucht er sich ganz schnell neue Themen.“
Wenn eine ganze Reihe von Medien eine haltungsstramme Fake News über Dieter Nuhr verbreiten, gehen sie also „dem Comedian auf den Leim“.
Die Aufforderung, Nuhr künftig angemessen zu ignorieren, wenn er
Qualitätsjournalisten immer so auf den Leim führt, steht nun prominent
auf stern.de, SEO-mäßig verschlagwortet, die Sache ist fast
durchgestanden.
Fast. Denn Mario Sixtus, ein Filmemacher, der auch für das ZDF arbeitet,
der Wilhelm Mohnke unter den Nuhr-Kommentatoren, erreicht auf Twitter
erst jetzt die letzte Megametaebene:
Fast zeitgleich am Dienstagabend setzte dann der Chefredakteur der
„Kieler Nachrichten“ Christian Longardt den vorläufigen Schlusspunkt,
indem er die „missverständlichen Formulierungen“ bedauert: „Wir bedauern dies sehr und entschuldigen uns an dieser Stelle bei Dieter Nuhr“, sagt Chefredakteur Christian Longardt.
Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von Twitter angezeigt werden.
Die Chefredaktion habe daher entschieden, die Rezension auf KN-online zu löschen. Aber die Welle ist ja sowieso durch.
Für den „Journalismus der Redaktionen“, gerichtet gegen die lügnerische Sphäre des Netzes mit seiner sozialen Spaltung überweisen die Steuerbürger demnächst einen Unterstützungsbeitrag, der fürs Erste ausgleicht, was an freiwilligen Zahlungen – aus ganz unverständlichen Gründen – ausbleibt.
Es gibt übrigens einen nicht unwichtigen Unterschied zu dem
Sero-System der DDR: dort bekam der Bürger resp. der Pionier Bares für
das Altpapier raus. Er musste nicht noch Geld mitbringen.
In diesem einen Punkt gilt: es war eben nicht alles schlecht.